Bild: Martin Schemm / pixelio
Wer lange erfolglos nach einem Baugrundstück gesucht hat, möchte sich vielleicht mit einem Bestandsobjekt trösten, das in einer Versteigerung vor Gericht oder in einem privaten Bieterverfahren feilgeboten wird. Regelmäßig berichten Teilnehmer, wie zerrissen sie sich fühlen, einerseits, weil sie wissen, dass der Startpreis den Wert bereits übersteigt und andererseits, weil sie fürchten, gegen eine große Meute von Mitbietern den Kürzeren zu ziehen.
Mir gelingt es nicht so poetisch zu formulieren, wie weiland Hermann Hesse in seinen “Stufen”, aber sein Gedicht trifft auch für mein Anliegen zu. Meines Bruders liebster Dichter hatte dazu ermuntert, nicht den Zauber eines Anfangs zu verkennen, wenn man mit etwas abschließen muss.
Lassen Sie sich nicht von der Meute hetzen!
Die bange Frage der Verzweifelten gilt meist der Balance oder, besser gesagt, dem noch erträglichen Kompromiss. Sie befürchten, einer der Mitbieter könne sich verhalten, als bekäme er bei der Weltbank die Scheine mit Personalrabatt. Ihr Dilemma: Wenn sie zu vorsichtig bieten, kann es sein, dass ein Konkurrent großkalibrig über den Startpreis hinausschießt und damit das begehrte Objekt vor der Nase wegschnappt. Sind sie Höchstbietender, haben sie womöglich weit über Wert gezahlt. Was tun? Ein Himmelfahrtskommando nach der Devise “Augen zu und durch” wagen oder lieber in Kauf nehmen, leer auszugehen? Meine klare Antwort: Bleiben Sie cool! Lassen Sie andere zu viel zahlen und warten Sie gelassen auf die nächste Gelegenheit! Die kommt, wider Erwarten, garantiert. Oder, um es mit Hesse zu sagen: „Bereit zum Abschied sein“.
Der glückliche Verlierer vermeidet Eigentore
Denn was passiert, wenn man alle Vernunft fahren lässt und nicht nur fünf oder zehn Tausender mehr bietet, sondern derer gleich dreiundzwanzig, nur um die Mitbewerber vom Platz zu fegen?
Nehmen wir – leider wahrscheinlich – an, auch das wäre für den “Sieg” noch zu wenig. Dann wird man leider trotz aller Anstrengung ohne Grundstück bleiben und muss sich weiter umschauen. Inzwischen hat man aber eine Preistreiberei mit angeheizt, die auf Objekte in der Umgebung nicht ohne Wirkung bleibt – und damit auch auf diejenigen Gelegenheiten, die man selber noch wahrnehmen möchte.
Übung macht den Meister
Cool bleiben ist nicht leicht, ich weiß. Immerhin geht es um die Wurst in Form eines Eigenheims für Sie und Ihre Lieben. Deswegen empfehle ich, die Coolness genau dort zu üben, wo es nicht um Ihre Wurst geht. Investieren Sie Zeit in solche Verfahren, bei denen es um Objekte geht, die Ihnen nicht so wichtig sind. Denn dort können Sie viel entspannter von Mitbieter auf Zuschauer umschalten.
Wenn Sie bewusst auch Objekte zweiter Wahl einbeziehen, wird sich nach und nach Ihr Blick wieder weiten, und Sie werden sehen, dass die Einmaligkeit so mancher Gelegenheit nur eine vermeintliche ist. Und Sie werden mit Hesse den Neubeginn schätzen lernen.