Bild: erysipel / pixelio
Viele Menschen, die heute ein Haus planen, versuchen dabei auch, es für eine spätere Lebensphase vorzurüsten. Das Einfamilienhaus soll im Rentenalter in ein Haus mit zwei Wohnungen geteilt werden, wobei das Erdgeschoss die altersgerechte Version bieten soll. Es werden also Pläne für ein „Später“ geschmiedet, die einerseits gar nicht der Weisheit letzter Schluss sind und außerdem auch eigentlich bereits überholt.
Aber der Reihe nach:
Wie alte Menschen heute leben
Ursächlich für diese speziellen Planungsaspekte sind meist folgende Eindrücke: Betagten Verwandten oder Bekannten ist es ein Herzensanliegen, bis zum letzten Atemzug im Eigenheim zu bleiben. Aber häufig sind Treppen für sie ein beängstigendes Hindernis. So kommt es, dass sie entweder jeden Abend Mut und Kraft zusammenraffen müssen, um zum Schlafen ins Dachgeschoß zu steigen oder sich ihr Bett ins Wohnzimmer stellen.
Welche Konsequenzen junge Leute daraus ziehen
Klug scheint den Häuslebauern daher, von vornherein ein auf das Erdgeschoss reduziertes Alterswohnen einzuplanen:
· Das Arbeits- und Gästezimmer soll später zum Schlafzimmer umgerüstet werden.
· Das Gäste-WC hat Platz für den späteren Einbau einer Dusche.
· Die dann nicht mehr benötigten Kinderzimmer im Obergeschoss sollen einen Wohnraum für Mieter bilden, deren Mietzahlungen ein willkommenes Zubrot zur Rente sind.
· Und dafür muss das obere Stockwerk am besten gut abtrennbar sein.
Welche Denkfehler stecken in dieser Hausplanung?
1. Das Bedürfnis nach weniger Platz trifft nicht pauschal zu
Wer im Alter nicht vereinsamen möchte, der braucht weiterhin Platz für Besuch. Und auch die vielen Bücher, die man im Rentenalter endlich gerne lesen möchte, kann man ja schlecht kurz vorher alle wegwerfen. Die aus dem „Hotel Mama“ ausgezogenen Kinder brauchen ihre Zimmer nun zwar nicht mehr. Aber die Mama selbst – nun endlich nicht mehr im Nebenberuf Hotelfaktotum – entdeckt, dass ein Hobbyraum nicht nur im Keller eine feine Sache sein kann. Zum Nähen braucht Mensch schließlich mehr Tageslicht als zum Fahrenlassen einer Modelleisenbahn (wenn Sie mir die Klischees erlauben). Wir nehmen also die Erkenntnis mit: Der selbstbestimmt wohnende Mensch mag im Alter wohl weniger Kinderzimmer benötigen, aber nicht gleichzeitig auch weniger Raum zu seiner eigenen Entfaltung.
2. Nicht nur Wohngenuss braucht Platz, sondern auch Mobilität
Selbst wenn wir davon ausgehen, dass wir im Alter nur eine spärliche Kemenate zum Schlafen brauchen, so müssen wir doch davon ausgehen, dass wir vielleicht nur mit einem Rollator dort hinkommen, dessen Wendekreis im Arbeitszimmer mit Gästebett noch nicht eingeplant war. Unter der Dusche bedeuten uns Wellness und Rainshower vielleicht nichts mehr, dafür sind Duschsitz, Haltegriffe und so weiter umso wichtiger. Wir nehmen also die Erkenntnis mit: Die dem Gästebad noch angemessene 80 x 80 Duschkabine ist für betagte Menschen mangelhaft tauglich.
3.: Das umgebaute Obergeschoß findet leider keine dankbaren Mieter
Spielen wir das Zukunfts-Szenario einmal durch: Die Kinderzimmer stehen leer, das Arbeitszimmer brauchen wir nicht mehr und weil wir noch fit und mobil sind, kommen wir tatsächlich damit klar, dort unser neues Schlafzimmer einzurichten. Die Wand zwischen den beiden Kinderzimmern lässt sich leicht versetzen und im nun kleineren der beiden lässt sich günstig eine Küche einbauen. Aber ergibt das Gesamtkonstrukt tatsächlich eine Wohnung, die uns genehme Mieter attraktiv finden?
Umdenken und Informieren
Wir nehmen also insgesamt die Erkenntnis mit, dass es sich bei einer solchen Schmalspurversion einer altersgerechten Grundrissplanung leider nur um einen Hattrick dreier Schnapsideen handelt, die man ab besten gleich nach dem Katerfrühstück beerdigt.
Von unseren Großeltern auf uns selbst im Alter zu schließen, ist ein ungeeignetes Vorgehen. Statt das heutige Haus mit Vorrüstungen und Kompromissen zu belasten, kann es sinnvoller sein, zu geeigneter Zeit in ein anderes altersgerechtes Haus zu wechseln.
An dieser Stelle ein Dank an @haydee aus dem Hausbau-Forum für den Hinweis auf nullbarriere.de, wo man sich in das weite Feld des barrierefreien Bauens einlesen kann. Eine versierte Architektin gibt dort kompetenten Rat, abgerundet mit zahlreichen Links zu weiteren Informationen.
One thought on “Irrwege der vorausschauenden Hausplanung”