Planänderung: Aus der Beton- soll eine Holzdecke werden

Holzdecke

Bild: Rainer Sturm / pixelio

Schlägt Ihnen der Generalunternehmer vor, die obere Betondecke in eine “Holzbalkendecke” zu ändern? Aus Kostengründen? Das geschieht gerne bei der Planung von “Stadtvillen”. Begriff wie Begründung dienen dabei einfach der Verständlichkeit, sind aber nicht ganz richtig. Sie suggerieren nämlich, dass es Preisunterschiede zwischen den beiden Materialien gibt. Dabei sind die wahren Probleme anderer Natur. Schauen wir deshalb einmal genauer hin, warum er das tut und wie es dazu kommt.

Am Anfang steht ein Katalogentwurf

Meist beginnt die Geschichte damit, dass die Bauleute einen Bauvorschlag aus dem Katalog des Generalunternehmers als Basis aussuchen. Dann äußern sie Wünsche für eine individuelle Anpassung, wie beispielsweise eine andere Treppenform, was sich auf den Grundriss für alle Geschosse auswirkt. Oder sie möchten im Erdgeschoss die Möblierung und damit auch die Raumdimensionen variieren können. Im Obergeschoss steht das Hineinfrickeln eines separaten Kinderbades auf Platz Eins der Hitparade der “kleinen” Änderungen.

Abstimmung der Stockwerke

Was sie übersehen, ist: Die Grundrisse der Geschosse müssen aufeinander abgestimmt sein. Das gilt vor allem, wenn in beide Stockwerke “massive” Wände eingezogen werden sollen (siehe Beitrag “Leichtbauwände im Massivhäusern). Stehen nämlich im Obergeschoss schwere Wände an Positionen, wo im Erdgeschoss keine tragenden Wände sind, müssen zusätzliche Maßnahmen in Sachen Statik erfolgen (siehe Beitrag “Das Obergeschoss hat Vorrang”).

Mehr Stahl in den Wänden oder eine leichtere Decke?

Um diesem Dilemma zu entkommen, schlägt der Statiker nun zwei Lösungsmöglichkeiten vor:

1. Die erste ist, man passt die Wände wie gewünscht an. Dann muss die Decke des Erdgeschosses dicker und “stahlreicher” werden. Gegebenenfalls muss noch eine nichttragende Wand im Erdgeschoss in eine tragende geändert werden, weil die Decke ja auch schwerer wird. Die betroffene Wand wird dadurch dann nicht mehr ohne Kompensationsmaßnahmen herausnehmbar.

2.    Bei der zweiten Lösung bleibt die Decke des Erdgeschosses unverändert, dafür müssen dann allerdings meist mehrere Wände des Obergeschosses als Leichtbauwände ausgeführt werden. Solche sind allerdings nie tragend. Und das ist der wahre Grund dafür, das Obergeschoss mit einer leichteren Holzdecke statt mit einer Stahlbetondecke auszurüsten. Was der Generalunternehmer also als Option anbot, ist im Grunde unausweichlich, wollen die Bauleute nicht ihre ganzen Wünsche über den Haufen werfen oder tiefer in die Tasche greifen wie bei Lösung 1.

Dachbinder

Die Bezeichnung “Holzbalkendecke” ist dabei, freundlich gesagt, dem vermeintlich mangelnden Verständnis der Bauleute in bautechnischen Angelegenheiten geschuldet.

Eigentlich handelt es sich bei dieser Deckenart um die Basis der dreieckigen Holzkonstruktionen namens Dachbinder. Sie gehören also gleichzeitig zur Decke des Obergeschosses und zum Dachstuhl. Lediglich die Dimensionierung der Untergurte weicht dabei meist von einer anderen Variante von Dachbindern ab, die man auf eine Stahlbetondecke aufgesetzt hätte. Von der Unterseite betrachtet, ähnelt der “Balkenquerschnitt” demjenigen einer traditionellen Holzbalkendecke.

Wie der Generalunternehmer die Wahl zwischen den beiden Auswegen kommuniziert, ist also nicht hässlich gelogen, segelt jedoch hart am Rande einer Erklärung für ostfriesische Blondinen.

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