Der Hausbau-Fahrplan, Modul B – die Planung

Folge 3

Ist mit dem Stempel unter der Baugenehmigung die Entwurfsphase abgeschlossen? Nicht für alle! Kluge Bauleute setzen den Schlusspunkt erst nach den Abschluss der Detailplanung. Darauf kann man nämlich viel solider die Ausschreibung und Ausführung aufsetzen, als wenn man nur auf Entwurfszeichnungen zurückgreift.

Die Warmlaufrunde

Unsere aus Modul A (Folge 2) bereits bekannten Bauleute Lena und Jonas sind sich inzwischen sicher, dass die Chemie zwischen ihnen und ihrem Architekten, Herrn Kritzelhuber, stimmt. Nun geht es ihnen wie werdenden Eltern beim Warten auf den nächsten Ultraschall-Termin: Es geht einiges voran, aber sie können dabei nicht ständig zusehen. Es gilt also, der Bescherung vertrauensvoll entgegen zu fiebern und den eigenen Mitgestaltungswillen im Zaum zu halten. Er stört nämlich beim Erreichen eines guten Ergebnisses. Für die Bauleute heißt das: Alle Diskussionen beenden, eine Pause einlegen und alle Gedanken, was eventuell noch schöner, besser, sinnvoller gewesen wäre, abzuhaken.

Leistungsphase (LP) 3 – die Entwurfsplanung

Der Architekt destilliert nun aus dem auserkorenen Vorentwurf in einer einzigen Variante die Arbeitsgrundlage aller künftigen Planungen. Er (und sein Team) …

  • überführt die nun “Entwurf” genannten Zeichnungen in den Maßstab 1:100 und verteilt sie an weitere Planungsbeteiligte,
  • entwickelt aus dem Entwurf Ableitungen, die zur Ermittlung von Mengen und Massen zu statischen und energetischen Berechnungen und dergleichen mehr dienen,
  • stellt fest, welche Details noch zeichnerisch dargestellt und durchgerechnet werden müssen,
  • nimmt weitere Abstimmungen mit der Genehmigungsbehörde vor, soweit dies nicht bereits mit der Bauvoranfrage erledigt wurde.

Holz oder Stein – das ist hier die Frage

Spätestens mit dem Eintritt in diese Leistungsphase 3 sollte geklärt sein, aus welchem Material das Haus bestehen soll. Details des Wandaufbaus können aber auch später noch festgelegt werden. Nur zwischen den grundlegenden Optionen “Maurer- oder Zimmermannskonstruktion” sollte man nun nicht mehr wechseln.

Vom Vermuten über das Schätzen zum Zählen

Wurde in der Leistungsphase 1 nur der Kostenrahmen definiert, hat man in der LP 2 die Kosten bereits geschätzt und kann nun in der LP 3 dazu übergehen, sie sogar schon zu berechnen. Anfangs hat man ja als Grundlage z. B. nur die Anzahl der Wohneinheiten und deren sehr ungefähre Größe. Jetzt kennt man bereits die Zahl der Quadratmeter und kann im virtuellen Entwurf schon die einzelnen Dachziegel zählen. Entsprechend der zunehmenden „Bildauflösung“ wird die Kostenermittlung im Laufe des Planungsprozesses genauer.

Leistungsphase 4 – die Genehmigungsplanung

Lena und Jonas möchten jetzt eigentlich nur, dass Herr Kritzelhuber den “Siegerentwurf” ihrer Gespräche zeichnerisch weiter detailliert. Aber sie als Bauleute sind nicht die einzigen Beteiligten. Sankt Bürokratius auf seinem Amtsschimmel möchte es noch genauer wissen, worunter er seinen Stempel setzen soll. Grundrisse und Ansichten genügen ihm nicht, daher verlangt das Bauamt nun noch folgendes hinzu:

  1. Es will die Firsthöhe genau wissen und auch nachrechnen können, welche Stockwerke als Vollgeschosse zählen.
  2. Die Statikerin soll nachweisen, dass die Konstruktion des Hauses solide berechnet und das Haus daher nicht einsturzgefährdet ist.
  3. Falls das Haus einmal brennt, soll im Plan nachprüfbar sein, welches Fenster im Obergeschoss eine ausreichende Größe für einen hindurchsteigenden Feuerwehrmann in voller Montur hat.
  4. Welche Form die Fenster haben, ist ansonsten egal – nicht jedoch ihre absturzsichere Brüstungshöhe und ihre Größe im Verhältnis zur Raumfläche, die davon belichtet wird.
  5. Entwässerungspläne, auf welchen Wegen die Abwässer von Küche und Bad sowie der Regen von den Dachflächen der Kanalisation zugeleitet werden sollen.
  6. Eine Heizlastberechnung, die nachweist, dass dank genügend dicker Wände die Heizenergie ausreicht, um das Haus zu erwärmen, und dass die großen Räume den kleinen Heizkessel dabei nicht auf dem letzten Loch pfeifen lassen, wo er dann abgastechnisch in einem ungünstigen Wirkungsbereich wäre.

Dennoch ist die Genehmigungsplanung nur ein Anhängsel.

Manche Pläne sind “erst” und andere “schon” jetzt gefragt

Die vorgenannten Belege vorschriftsgemäßer Planung waren einschließlich der Deckenpläne für die Statikberechnungen mehrheitlich schon während der LP 3 zusammengetragen worden. Lediglich ihre Aufbereitung für das Bauamt wird jetzt erst verlangt. Daher erklärt sich, weshalb die Leistungsphase 4 mit ihrem scheinbar großen Umfang hinzugekommener Pläne (nicht nur in zeichnerischer Form) nur einen bescheidenen Anteil am Gesamthonorar ausmacht. Hauptsächlich die Entwässerungspläne sind Zeichnungen, die wirklich erst in dieser Phase entstehen. Sachlich benötigt man sie eigentlich auch erst als Teil der Detailplanung, muss sie allerdings schon mit dem Bauantrag einreichen.

Leistungsphase 5 – die Ausführungsplanung

Das Bauamt hat nun alles geprüft und im Idealfall ohne Änderungen genehmigt. Dafür hatte es Pläne bekommen, die für diesen Zweck ausreichend waren. Aber würde man nach diesen Plänen bereits das Haus bauen wollen, dann wären noch (zu) viele Details zu improvisieren. Man stelle sich einmal ein Konzert vor, bei dem das Orchester keine Notenblätter bekäme, sondern allein nach dem Programmheft spielen sollte. Etwa so ergeht es den Handwerkern. Für die Kalkulation ihrer Angebote reichen die Pläne aus der Bauantragsphase oftmals noch aus, aber die Ausführung erfordert dann genauere Zeichnungen. 

Anschlüsse der einen und der anderen Art

Schließlich müssen an diversen Stellen Bauteile nicht nur einzeln betrachtet tadellos sein, sondern auch mit anderen zusammenpassen – auch dort, wo Bauteile verschiedener Gewerke zusammenstoßen. Solche Stellen nennt man “Anschlüsse”, auch wenn sie mit Strom, Gas und Wasser nichts zu tun haben. Aber auch diese Energieträger müssen in das Haus nicht nur eingeführt, sondern auch verteilt (und im Falle des Wassers ja auch wieder abgeführt) werden.

High Tech geht nicht “Pi mal Daumen”

“Unser´ Oma ihr klein´ Häuschen” war gestern. Damals lag im Bad nur der Abfluss der Wanne im Estrich, heute liegen dort auch Heizschlangen der Fußbodenheizung und Kanäle der kontrollierten Wohnraumlüftung (KWL). Alle diese Dinge sollten nicht der Improvisation der durcheinander wuselnden Bauhandwerker überlassen werden, sonst droht ein kakophonisches Gesamtkunstwerk, wie es bei “architektenlosen” Bauten tatsächlich regelmäßig vorkommt.

Höhere Bauqualität durch genauere Planung

Die Ausarbeitung einer Detailplanung zahlt sich aus. Das gilt sowohl für die Ausschreibung und Vergabe der Bauleistungen, als auch für deren praktische Ausführung und wiederum deren Kontrolle durch die Bauleiterin oder den Bauleiter. Die Vorteile sind klar:

  1. Kalkulation, Angebot und Aufmaß haben exakte Grundlagen.
  2. Übergänge sind präzise und müssen nicht weggestemmt und angespachtelt werden.
  3. Das Streitpotential zwischen Handwerkern und Sachverständigen über die korrekte Ausführung der Details minimiert sich.

Fazit

Mit 25 von 98 Prozentpunkten am Gesamthonorar wird die LP 5 zwar gern als verzichtbar gewünscht, macht sich aber vollumfänglich bezahlt: Ohne sie würde fast alles, was man überspachteln kann, krumm und schief, man gäbe das “gesparte” Geld wieder für Sachverständige aus, und obendrein würden einen die vielen vermeidbaren Unvollkommenheiten ewig hämisch angrinsen. Häuser heutiger Komplexität mit den Methoden von gestern zu bauen führt regelmäßig zu gruseligen Fernsehreportagen, die wir wohl alle schon gesehen haben.

Erst die Leistungsphase 5 schafft also wirklich einen sauberen und soliden Übergang zum “Modul C” mit Ausschreibung, Vergabe und Bauleitung, das in der nächsten Folge erläutert wird.

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4 thoughts on “Der Hausbau-Fahrplan, Modul B – die Planung

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