Bild: Rainer Sturm / pixelio
Viele Bauherren haben nicht das Glück, ihren Architekten über Empfehlungen zu finden. Dann ist derjenige, mit dem sie sich zu einem Erstgespräch für einen Architektenauftrag treffen, für sie ein bislang völlig Unbekannter. Aus dem Grund für das Treffen wird abgeleitet, dass es im Büro des Architekten stattfinden sollte. Das ist jedoch mit einem erheblichen Unsicherheitsfaktor hinsichtlich der Einschätzung seiner Begabungen verbunden.
An dieser Stelle danke ich erst einmal @Zaba12 aus dem Hausbau-Forum für die Inspiration zum Thema. Und zwar hat er dort zu Recht darauf hingewiesen, dass längst nicht jeder Architekt für kreative, kalkulatorische und baupraktische Dinge gleichermaßen begabt ist.
Wie geht der Architekt mit Schwächen um?
Tatsächlich haben Architekten wie alle Menschen unterschiedliche Talente. Ein geschickter Bauherrenversteher, der auch noch ein virtuoser Komponist schöner, aber dennoch funktionaler und bezahlbarer Gebäude ist, kann auf der Baustelle als Schiri eine Pfeife sein. Er- und bekennt er seine Schwächen, ist schon viel gewonnen. Im Idealfall hat er sogar einen festen Partner, der seine Defizite ausgleicht.
Nehmen wir nun an, der Bauherr hat es mit einem Architekten zu tun, der zwar als Plänezeichner begabt ist, aber wenig Durchsetzungskraft besitzt. Dieser kann in der Heimspiel-Situation seines Büros eloquenter wirken, als er es auf der Baustelle und gegenüber der Genehmigungsbehörde tatsächlich ist.
Treffen auf der Baustelle
Will man der Gefahr, an einen solchen Papiertiger zu geraten, aus dem Weg gehen, dann wählt man für das erste Date mit dem Architekten also klugerweise eine andere Umgebung aus. Dazu erfragt man vom Kandidaten, an welchen Stellen er mit aktuellen Bauprojekten tätig ist – am besten mit einem kleinen Querschnitt verschiedener Stadien von Baufortschritten. Ob die betreffenden Gebäude Ähnlichkeiten mit dem Traumhaus des Bauherrn haben, ist dabei nachrangig.
Auf der Baustelle kann man dann am besten während der Arbeitszeit erkennen, ob der Architekt auch ein Praktiker ist. Aus dem Verhalten der Bauarbeiter lässt sich ablesen, wie seine Kompetenz und Autorität von ihnen eingeschätzt wird. Vergessen Sie nicht: Der Architekt ist auf der Baustelle gewissermaßen Ihr “Anwalt mit dem Zollstock”, da darf er auf den Polier nicht wie ein zahnloser Tiger wirken, bei dem man die Ohren auf Durchzug stellt. Vielmehr muss er bis zu einem gewissen Grad den Handwerkern notfalls auch vorturnen können, wie ein geplantes Detail umzusetzen ist.
Den Architekten in Aktion erleben
Außerdem kann er dort im direkten Vergleich zwischen ausgeführten Details und deren Zeichnungen erläutern, worauf es dabei ankam. Auf einer guten Baustelle sind Pläne immer rasch zur Hand, denn selbst Genies lernen sie nicht auswendig. Ein richtig guter Architekt kann Ihnen auf der Baustelle sogar zeigen, wie kongruent die Ablaufpläne sind, welches Gewerk in welcher Woche was nach Plan zu tun hat und auch wirklich tut. Schließlich möchten Sie ja Haus- und nicht Bauruinenbesitzer werden. Bedenken Sie bei meinem Vorschlag allerdings auch, dass Sie vor dem Betreten einer fremden Baustelle sowohl eine Erlaubnis einholen als auch klären müssen, bei wem Sie für den Fall des Falles unfallversichert sind.