Der Hausbau-Fahrplan, Modul A – die Vorbereitung

Folge 2

Wer noch unsicher ist, ob sein bevorzugter Architekt der Richtige für das Gesamtpaket aller Leistungsphasen (siehe Hausbaufahrplan, Folge 1) von 1 bis 8 ist, findet am Ende der Leistungsphase 2, dem Übergang zwischen Vorentwurf und Entwurf, einen geeigneten Zeitpunkt für eine Ablösung. Die folgende Erläuterung der ersten beiden Phasen zeigt, warum das so ist:

Leistungsphase (LP) 1 – die Grundlagenermittlung

In dieser ersten Phase fragen wir uns, wie der Architekt auch: Was brauchen wir denn überhaupt für den Hausbau?

Das ist zwar eigentlich erst der zweite Schritt, aber praktisch steht er dennoch ganz am Anfang. Es geht für den Architekten wie für die Bauleute darum, den Bedarf und die Wünsche zu ermitteln – und zwar bevor sie mit dem Basteln von Entwürfen beginnen. Haben Letztere nämlich bereits mit dem „Kritzeln“ begonnen, dann müssen sie bei diesem Schritt erst einmal Trauerarbeit leisten. So manche Details, in die man sich verliebt hat, sind einfach nicht realisierbar.

Hilfreich ist dagegen, in „must“ und „nice to have“ zu unterscheiden. So ist es leichter, manche Dinge unter einen Hut zu bringen.

Ein Beispiel: Was brauchen Lena und Jonas?

Lena und Jonas möchten ein zweites Kind. Die Berücksichtigung dieses Kinderwunsches bei der Planung ist ein „must“, weil sie ja nicht nochmal bauen wollen, wenn das Kind tatsächlich kommt. Außerdem hätten sie gerne eine separate Ankleide, weil sie im Schichtdienst arbeiten und einander nicht stören wollen. Dieser Punkt ist schwieriger einzuordnen. Ein Wunsch, ja, aber tendenziell eher „must“. Außerdem möchten sie das Wohnzimmer auf der Talblickseite haben. Auch das ein „nice to have“ mit Priorität.  Diese Wohnzimmerseite soll aber auch über die ganze Breite hin geöffnet werden können. Definitiv ein Wunsch mit geringerer Priorität, evt. sogar ein Streichkandidat.

Welche Baubedingungen müssen wir beachten?

Dies sind die Parameter, die die weitere Planungsarbeit bestimmen:

1. Das Grundstück

Architekt und Bauleute müssen dessen Lage, Größe, Form und die Geländeoberfläche beachten. Diese Faktoren können sie schließlich nicht nach Belieben beeinflussen. Auch die Beschaffenheit bei Grundstücken zweiter Wahl kann so manchen schönen Plan durchkreuzen. Ist es sandig oder sumpfig? Stören Lehmschichten die Versickerung? Wie hoch liegt der Grundwasserpegel?

2. Der Bebauungsplan

Für die Bebauung eines jeden Grundstücks gelten Ordnungsrichtlinien. Grenzabstände, wann ein Geschoss überhaupt als solches anzusehen ist, Beschaffenheit des Bauwerks und viele Dinge mehr sind entweder auf Länder- oder auf Kommunalebene geregelt. Viele Grundstücke – in Neubaugebieten ist dies die Regel – liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes. Darin sind so bekannte Dinge wie Gebäudehöhe und Dachformen festgelegt. Bauwillige sollten ihn also kennen.

3. Das Budget

Bedarf es hier einer Erläuterung? Schließlich ist klar, dass ein Schloss mehr kostet als eine Gartenlaube. Okay, aber wissen Sie auch genau, wie viel mehr Geld Ihre Wünsche verschlingen? Welche machbar sind und welche das Budget sprengen? Da ist der Architekt aufgrund seiner Erfahrung klar im Vorteil. Bauleute ohne Architekten können schnell ihr blaues Wunder erleben.

4. Der Nachbar

Nein, das ist ein Scherz. Der Nachbar hat entgegen einem weitverbreiteten Irrtum nichts reinzureden. Zwar muss er einem geringeren Grenzabstand seiner neuen Nachbarn zustimmen, kann das aber nicht tun, ohne die fehlenden Meter auf seiner Seite auszugleichen. Hat er ein Wegerecht auf einem Teil meines Grundstücks, darf ich es nicht durch meine Bebauung blockieren. Das Gleiche gilt für Leitungsrechte, die u. U. auch beim Gas- oder Strom- oder einem sonstigen Versorger liegen können. Das war’s dann aber auch schon.

5. Die Vögel

Das stimmt tatsächlich und ist kein Scherz. Brütet einer in der Hecke, die den schweren Baumaschinen weichen muss, darf man ihn nicht vertreiben, bevor seine Jungen flügge geworden sind. Wann also sollen die Arbeiten am Grundstück starten?

Leistungsphase (LP) 2 – die Vorplanung

Hat man also alle diese Grundlagen aus Bedarfen, Wünschen, Möglichkeiten und Schikanen geklärt, kann man endlich mit dem Planen beginnen. Es entsteht zwar noch kein richtiger Bauplan, aber immerhin heißt das Werkzeug nun endlich „Zeichenstift“.

Die Fachkenntnisse des Architekten

Nun müssen die gegebene Form und Größe des Grundstückes mit der beabsichtigten Form und Größe des Hauses kombiniert werden. Auch das eine kniffelige Angelegenheit, die den Häuslebauer ohne Architektin ins Schwitzen bringen kann.

Jetzt erst ist es Zeit, die ersten „Vorentwürfe“ zu entwickeln. Aus den groben Skizzen entstehen dann saubere Zeichnungen, die bereits die ungefähren Dimensionen festlegen und diskutiert werden. Nur der „Siegerentwurf“ wird anschließend verfeinert. Am Ende steht eine Zeichnung im Maßstab 1:200. Dieser eignet sich in manchen Fällen auch für eine „Bauvoranfrage“ an die Genehmigungsbehörde.

Ein Architekt – egal mit wie viel Berufserfahrung – würde die Phase des Vorentwurfes niemals überspringen, weil der Vorentwurf für die Strukturiertheit des weiteren Vorgehens und die Qualität des schöpferischen Prozesses höchst wertvoll ist.

Nun bitte nur nicht gleich weitermachen!

Was dann früher auf dem Reißbrett des Bauzeichners fertiggestellt wurde, wird heute mit professionellen CAD-Systemen[1] umgesetzt. Allerdings lohnt es sich, auch den Übergang von der Vor- zur „eigentlichen“ Entwurfsphase bewusst als eigenständige Station im Planungsablauf zu gestalten.

Daher ist es aus meiner Sicht begrüßenswert, wenn die Architektin in der Vorentwurfs- (und damit Diskussions-) Phase noch nicht die professionelle CAD-Software verwendet, sondern auf optimierte Amateursoftware zurückgreift. Damit können geplante Gebäude simuliert werden und dienen so der Verbesserung der Vorstellungskraft von Laien.

Aber auch wenn durchgehend mit derselben Software gearbeitet wird, erscheint mir ein Innehalten zwischen diesen beiden Entwurfsphasen sehr wertvoll. Reflektieren Sie die Vorentwürfe, und prüfen Sie, ob die Chemie zwischen Ihnen und Ihrem Architekten stimmt.

In Folge 3 dieser Beitragsserie “ Der Hausbau-Fahrplan, Modul B” erfahren Sie, was mit den Kurz-Inhaltsangaben der Leistungsphasen 3 bis 5 im Detail gemeint ist.


[1] Computer-Aided Design and Drafting ist eine Technologie für Konstruktion und technische Dokumentation, bei der das manuelle Zeichnen durch einen automatisierten Prozess ersetzt wird.

Facebooktwitterlinkedininstagramflickrfoursquaremail